Kürbisgeysir oder Kürbissuppe?

… oder warum die Wahl des Temperaturfühlers einen wesentlichen Einfluss hat

Mit Wasser kochen
Im Wired Cooker sind drei Temperaturfühler verbaut, für Boden, Produkt, und Dampf. Zudem kann ein weiterer Temperaturfühler eingesteckt werden, um z. B. die Kerntemperatur von Fleisch oder Wasserbad-Behältern zu messen und zu regeln. Dieser wird noch im Dezember auf unserer Website erhältlich sein.

Alle kochen mal mit Wasser, aber nicht nur. Wasser ist aus zwei Gründen deutlich vereinfachend. Zum einen ist Wasser sehr dünnflüssig. Dadurch durchmischt sich warmes (bodennahes) Wasser mit dem kühleren Rest sehr schnell, die Temperaturunterschiede bleiben gering. Beim Erreichen des Siedepunkts nimmt zudem die Umwandlung zu Dampf so viel Energie auf, dass die Temperatur im Wasser konstant bleibt. Als ein Versuch, den Cooker kennenzulernen, empfiehlt sich, 1 Liter Wasser einzufüllen und z. B. 96 °C Produkttemperatur vorzugeben. Das Wasser wird leicht sieden, die Dampftemperatur sollte dieselbe Temperatur erreichen (evtl. 1 °C tiefer) sofern der Deckel auf dem Topf ist, die Bodentemperatur dürfte ca. 115 °C erreichen und sich mittelfristig um 102 °C einpendeln.

Eine Einstellung der Dampftemperatur auf etwa den Siedepunkt hätte ein ähnliches Ergebnis produziert, bei leicht höherem Energiebedarf, da die Regelung die Leistung erst reduziert, wenn der Dampf rein ist.

Nun kann ein Gegenversuch (auch gedanklich) gestartet werden, bei dem die Bodentemperatur auf 102 °C gesetzt wird. Dies wird recht früh erreicht, also deutlich vor dem Sieden, und die Wassertemperatur wird langsam bis zum Siedepunkt steigen. Beide Strategien führen also zu kochendem Wasser, aber nach merklich unterschiedlichen Zeiten.

Die Kürbissuppe
Wie kommt nun der Geysir ins Spiel? Wir kennen das Problem bereits: Wenn wir auf dem Kochfeld eine dicke Kürbissuppe kochen wollen, funktioniert das in der Anfangsphase ohne weitere Aufmerksamkeit, aber nur solange die paar Stücke Kürbis in genügend Wasser im Topf schwimmen. Sobald der Kürbis püriert ist, wird die Kontrolle herausfordernd. Wenn nicht gerührt wird, entstehen am Topfboden Dampfblasen, welche durch den heissen Brei aufsteigen, an der Oberfläche platzen und dabei die Kürbiscrème in der Küche verteilen. Mit dem Wired Cooker gelingt das zuverlässig auch (Nachahmung nicht empfohlen): Einfach die Produkttemperatur auf beispielsweise 94 °C – noch unterhalb des Siedepunkts – einstellen und zur Seite treten. Dies spielt sich ab, weil die dicke Kürbissuppe mechanischen Widerstand leistet, welcher die Wärmeverteilung behindert. Der Regler wird also versuchen, mit einer höheren Bodentemperatur die Produkttemperatur zu erreichen. Dabei wird am Boden der Siedepunkt überschritten, und es bildet sich Dampf.Die einfache Lösung ist, hier die Boden-Temperatur zu regeln. Diese kann z.B. auf 95 °C eingestellt werden, oder auch etwas weniger, und wird dann den Siedepunkt nicht erreichen. Umrühren sollte man trotzdem ab und zu. Dabei wird die kühlere Suppe nach unten befördert, was wiederum vom Regler kompensiert wird. Hier kann es schonmal geschehen, dass der Boden bis zur Dampfbildung überschiesst. Also: je häufiger gerührt wird, desto heisser kann der Boden sein.

Joghurt und Wasserbad
Als besonderes Experiment kann Joghurt hergestellt werden. Joghurt verändert im Verlauf des Prozesses durch die Gerinnung der Eiweisse seine Wärmetransportfähigkeit: Er wird von dünnflüssig zu dickflüssig, und damit von einem besseren Wärmeleiter zu einem schlechteren. Wenn jetzt Milch im Topf direkt, nicht im Wasserbad, vergoren wird, wird sich im Verlauf des Prozesses ein Temperaturgradient vom Boden zum Sensor ergeben, welcher etwa 20 °C erreicht (ich habe es ausprobiert). Daher empfiehlt sich zur Herstellung von Joghurt ein Wasserbad. Dieses bringt die gute Wärmeverteilung um den Behälter ein, und verändert sich nicht mit der Zeit, was für Konstanz und Wiederholbarkeit sorgt.Empfindliche Lebensmittel
Der Boden-Sensor eignet sich auch zum Zubereiten temperaturempfindlicher Lebensmittel wie Milch, oder dem Schmelzen von Schokolade. Bei der Milch ist das Phänomen leicht anders gelagert, aber mit ähnlichen Konsequenzen behaftet. Wenn 1 Liter Milch auf 90 °C via Produktfühler erhitzt werden soll, so darf der Boden bis 126 °C warm werden (das ist ein von uns definiertes und skalierendes Limit). Dabei hockt die Milch an. Richtig verbrennen wird sie nicht, aber schlimmstenfalls den aufrechten Topf voreilig über den Rand verlassen. Empfehlenswert und sicherer ist es, den Boden auf z. B. 95 °C einzustellen. Dann wird die Milch nicht schäumen (unsere Kunden im Engadin müssen dafür möglicherweise einen tieferen Wert verwenden), aber leider auch erst nach längerer Zeit die gewünschte Temperatur erreichen. Die erforderliche Zeit hängt von der Milchmenge ab und muss individuell ermittelt werden.

Kleinmengen
Mein Kaffeemilch-Programm z. B. für einen kleinen Cappuccino oder Café au Lait arbeitet ausschliesslich mit der Bodentemperatur.

Ähnlich kann zum Frittieren in geringen Mengen Öl (z. B. 2 dl) die Öltemperatur über den Boden eingestellt werden. Hier hat sich ergeben, dass bei Temperaturen von 160 °C am Boden das Öl gern auch nur 140 °C erreicht – allerdings frittiere ich grundsätzlich im Garten, wo es in letzter Zeit etwas kühler war. Zur Bestimmung der effektiven Öltemperatur ist bei Kleinmengen ein Gargutfühler ideal geeignet.

Anbraten und Rösten
Dass die Bodentemperatur zum Anbraten und Rösten die richtige Vorgabe ist, erfordert hoffentlich keine weitere Erläuterung.

Die Dampftemperatur
Aber was ist mit dem Dampftemperaturfühler? Der kommt in ein bis zwei besonderen Anwendungen zum tragen. So kann Gemüse auf einem Sieb bzw. Turm gedämpft werden. Dazu liesse sich der Boden auf 105°C fixieren, was einen konstanten – aber ineffizienten – Dampfstrom erzeugen würde. Bei Verwendung des Dampftemperatursensors wird die notwendige Energiemenge im Boden optimiert. Wenn die eingestellte Dampftemperatur 1-2 °C unter dem Siedepunkt liegt, erfordert die Erhaltung der Dampfatmosphäre eine sehr geringe Mengen Strom, während die Garzeit kaum länger wird.

 

(Quelle Einstiegsbild: unsplash/Cala)

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